Zuhause zwischen
Düsseldorf und Mönchengladbach
Entworfen und gebaut wurde ich 1927: Lindbergh flog über den Atlantik, die Rewe wurde gegründet, an der Börse gab es den „Schwarzen Freitag“, Max Schmeling wurde Europameister, der Kanzler hieß Marx, aber nicht Karl, sondern Wilhelm. Es war auch die Zeit großartiger Architekten wie Mies van der Rohe, Gropius, Scharoun.
Mein Bauherr leistete sich keinen dieser damals als Avantgarde geltenden modernen Architekten, er entwarf mit einem Architekten aus seinem Umkreis meinen Bauplan, praktisch meine Geburtsurkunde. Er war damals bereits 46 Jahre, Hauptschulrektor – und damit einer der Honoratioren im Ort - und wollte nicht mehr und nicht weniger als ein Heim für sich und seine Familie. Immerhin sieben Kinder und zwei Erwachsene…
Heute sprechen die Leute ja immer wieder einmal von Betongold – so ein Quark! Jeder weiß, dass Gold in Barren gegossen und nicht als fertige Wand oder Decke geliefert wird! Und Barren sind der Form nach ja auch nichts anderes als Ziegel. Also müsste doch von Ziegelgold gesprochen werden, oder? Und das bin ich, Ziegelgold. Noch besser: ich habe solide, harte Ziegel und keine lackierte weiche Goldbarren.
Von Geld und Wirtschaft verstehe ich ansonsten nicht viel, aber ich habe Jahrzehnte mit meinen Menschen gelebt, ihnen eine schützende Heimat geboten. Und ich habe deshalb dass Gefühl, das dies viel wichtiger ist als die Wertentwicklung einer sogenannten Geldanlage in der für jeden – Menschen wie Häuser – ungewissen, nicht berechenbaren Zukunft.
Die eigenen vier soliden Wände für die heiteren Tage, in denen man sich freut und lacht, teilweise auch Tränen lacht. Auch für die weniger frohen Zeiten, in denen ich Zuflucht und Trost sein konnte und Geborgenheit bot. Das fühlt sich sehr gut an für ein Haus!
Auf meiner linken Seite von der Straße aus steht eine Garage, daneben ein Werkraum - beides etwas später angebaut.
Wie schon gesagt bin ich aus solidem Ziegel gebaut. Das sieht man natürlich auch von außen, stolz zeige ich die doppelt gebrannten dunkelroten niederrheinischen Ziegel, verbunden mit hellblauem Zement und selbstverständlich ohne Putz. Ich habe nichts zu verstecken, das wäre auch eine Schande! Als Schmuck trage ich wunderschöne Fensterläden, weiß mit einem schmalen grünen Rand. Damit mache ich einen sehr guten Eindruck auf die Menschen, die mich bewundern und sich an mir erfreuen. Mein Grundstück ist zum Bürgersteig hin mit einem niedrigen Mauersockel und Pfeilern aus roten Ziegeln begrenzt, die einen handgeschmiedeten Gitterzaun tragen. Den hat der Schwiegersohn meines Bauherrn hergestellt, der beherrschte die Bearbeitung des Eisens sehr gut, das war ja sein Beruf!
Rechts ist meine Schokoladenseite. Hier liegt, etwas nach hinten versetzt, mein Eingang: Stufen führen zur Tür, die im Rundbogen nach oben abschließt und mit einem Schmuckgitter verziert ist.
Natürlich ist das Gitter, genau wie die schmiedeeiserne Laterne über dem Eingangsbereich, vom Schwiegersohn meines Bauherrn, der Kunstschmiedemeister war, liebevoll hergestellt.
Der Rest meiner Schokoladenseite enthält vier Fensterchen und am Boden einen aus Bruchsteinen zusammengefügten „Brunnen“, der aber schon lange kein Wasser mehr enthält – ein reines Schmuckstück.
Der größere Teil des Grundstücks, auf dem ich stehe, liegt an meiner strassenabgewandten Seite. Wie ich selbst auch hat der Garten in den letzten 100 Jahren viele Veränderungen erfahren. Stand in den ersten Jahrzehnten die Versorgung durch Anbau von Gemüse und Obst im Vordergrund, zog mein Bauherr vor allem nach seiner Pensionierung eine Vielfalt von Pflanzen und Blumen. Der Garten war im Frühjahr und Sommer ein Blütenmeer! Da kamen natürlich die Bienen, die er hielt, auf ihre Kosten. Später wandelte sich die Nutzung hin zu einem Familiengarten, zum Spielen und für das kleine Abenteuer. Heute liegt der Schwerpunkt auf "Pflegeleicht".
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